Saturday, April 23, 2011

Laienfrage: Dune des Pilat und Klimawandel


Die Schülerin Elisa L schreibt ihre Seminararbeit über die Dune de Pilat in Frankreich. Dazu fragt sie nach: „Die These, die ich entweder be- oder widerlegen muss, lautet: der Anstieg des Meeresspiegels beeinflusst das Wachstum der Düne. Nach meinen Informationen erhält die Düne ihren Sand von der Sandbank von Arguin, die kurz vor der Küste liegt. Nun frage ich mich, ob es passieren wird, dass diese Sandbank wegen des Meeresspiegelanstiegs überspült wird und deshalb der Wind weniger oder keinen Sand mehr auf die Düne transportieren kann. In Zukunft würde die Düne dadurch nicht mehr wachsen, sondern niedriger werden bis sie schließlich vielleicht sogar auseinanderbricht oder ins Landesinnere verweht wird.
Ist diese Theorie vertretbar? Oder sind die Auswirkungen des Klimawandels auf den Meeresspiegel nicht so hoch, dass eine Sandbank überschwemmt werden kann und somit keine Gefährdung für die Düne besteht?



Eine legitime Frage – und wir haben bei Prof Christian Betzler, Geologisch-Paläontologisches Institut der Universität Hamburg nachgefragt. Seine Antwort: „Weder Sandbank noch Düne sind in ihrer Position fixiert. Die Arguin Sandbank ist ein Sandkörper, der von den Gezeitenströmungen im Ein- und Auslauf des Bassin d'Arcachon bewegt wird. Solche Sandkörper "wandern" üblicherweise einfach mit dem Meereespiegelanstieg mit, es sei denn die Anstiegsrate ist sehr hoch. Die Gefahr, daß diese Sandbank als Sedimentliefergebiet ausfällt ist daher eher gering.

Die Düne selbst wird natürlich an ihrem seewärtigen Teil durch die Brandung erodiert werden. Aber: das absolute Massendefizit (also die Sandmenge die durch das Wasser abtransportiert wird) wird vermutlich gering sein, da Nachschub durch den äolischen Antransport von Sand stattfinden wird.

Christian Betzler weisst auf einen Projektbericht hin, „welcher sich mit dem Monitoring der Düne von 2000 - 2005 beschäftigt und zeigt, daß die Düne im südlichen Teil um 70 m nach Osten migriert ist. Ein Altersmodell für die Düne ergibt sich aus den datierten Paläoböden in Abb. 3. Sieht so aus, als wäre sie um die 450 Jahre alt. Man sollte vielleicht nochmal in die entsprechende Literatur gehen, um das zu prüfen.

( Les principales étapes d’édification de la Dune du Pilat
HT : Pleine mer, LT : Basse mer, BC : avant JC, AD : après JC, d’après Fénies et Tastet, 2004;
aus http://littoral.aquitaine.fr/IMG/pdf/brgm-rp_59228_fr_suivi_dune_pilat.pdf)



5 comments:

Freddy Schenk said...

Zusätzlich zur Antwort von Prof. Betzler stellt sich allerdings noch die Frage, ob und wie sich ggf. das Sturmklima ändert (Intensität und Dauer, Häufigkeit, Windrichtung). Dieser sich möglicherweise ändernde Wind-Faktor kombiniert mit dem Meeresspiegelanstieg kann zu stark nicht-linearen Änderungen der Erosion führen.

Anonymous said...

guten Tag Herr Schenk, kann man das irgendwie belegen oder schon jetzt vorhersehen, ob sich das Sturmklima ändert und wenn ja, wie es sich auf die Dune de Pilat auswirkt? lg, elisa

Freddy Schenk said...

Hallo Elisa,
die Fragen kann ich dir leider nicht konkret beantworten. Ganz allgemein könnte man ggf. folgende Argumente nennen (leider ohne sie hier im Detail belegen zu können):

Eine deutliche Änderung des Sturmklimas über SW-Frankreich bis 2100 erscheint unwahrscheinlich. Da die Erwärmung in der Arktis viel stärker ausfällt, als in den Tropen, nimmt der Temperaturgegensatz Äquator-Pol ab und die Klimazonen verschieben sich nach Norden. Für SW-Frankreich hieße das mehr Einfluss des Azorenhochs, weniger Einfluss durch Tiefdruckgebiete (Stürme). Eher weniger Stürme würden also auf die Küste treffen.

Sollte sich aber z.B. der Luftdruckgegensatz Azorenhoch-Islandtief (bekannt als Nord-Atlantische Oszillation, NAO) in Zukunft abschwächen, käme es zu mehr meridionalen Wetterlagen (statt der dominanten Westwinddrift). Dadurch könnten wiederum mehr Tiefdruckgebiete weit nach Süden vorstoßen bis in den Mittelmeerraum. In dem Fall könnten Stürme also auch zunehmen. Klimamodelle sind sich hier nicht einig – also auch keine Prognose möglich.

Für die Erosion ist wichtig, dass langwellige flache Wellen (v.a. im Sommer bzw. bei wenig Wind) durch die Bodenreibung eher zu Akkumulation von Sand führen, kurzwellige steile Wellen (Winter, bzw. starker Wind) zu Erosion. Es könnte also sein, dass die Stürme weniger werden (mehr Akkumulation) aber gleichzeitig der Meeresspiegel steigt (mehr Erosion).In der Regel ist die Häufigkeit von Stürmen wichtiger als singuläre extreme Stürme (gilt aber z.B. nicht unbedingt für die Nordseeküste bei Sturmfluten bei uns), da entsprechend bei weniger Stürmen mehr Zeit bleibt, Sand wieder zu akkumulieren.

Im Falle der sandigen Flachküste im konkreten Gebiet ist die Reaktion der Erosionsraten auf Anstiegsraten des Meeresspiegels viel stärker als an anderen Küsten aufgrund des flachen Strandwinkels. Nach der Brun’schen Regel sagt man (je nach Küste verschieden)

Erosionsrate = 50 bis 100x Rate des Meeresspiegelanstiegs

z.B. 30 cm Anstieg = 1,5 – 3 m Erosion

Allerdings sollte man herausfinden, wo diese Regel herkommt. Auf die Schnelle findet sich keine echte Referenz dazu (z.B. Hamburger Bildungsserver). Vielleicht weiß das hier jemand?

Deine Fragen sind ziemlich schwer ;-)
LG,
Freddy

Anonymous said...

okay danke für die ausführliche antwort:)
haben Sie etwas dagegen, wenn ich Sie in meiner Arbeit zitiere/als Quelle angebe? ich habe auch schon festgestellt, dass das ganze thema ziemlich schwer ist ;)lg

Freddy Schenk said...

Die Bruun’sche Regel hab ich mal nachgeschaut – das schreibt sich mit zwei „u“, daher konnte man auf die Schnelle nichts finden… Die Regel wurde nochmals verglichen mit neueren empirischen Daten/Modellen und bestätigt (die geben in Table II im Mittel einen Faktor von 78 an mit einem Range von 50 bis 120 für US-Küste, liegt also gut zwischen 50 und 100 nach Bruun). Als Quelle kannst du hier verweisen auf:

Zhang, K., Douglas, B.C. & S.P. Leatherman (2004): Global Warming and Coastal Erosion. Climatic Change 64, 41-58.

Evt. kannst du aus den Prognosen zum Meeresspiegelanstieg (steht im IPCC) unter Annahme sonst unveränderter Bedingungen (Stürme, Starkregen etc.) ausrechnen, wie viel ggf. bis 2100 erodiert werden würde. Im vorigen Beitrag sollte es übrigens 3 cm = 1,5 bis 3 m Erosion heißen, bitte korrigieren. Kannst uns ja dann hier mal dein Ergebnis mitteilen ;-)

Im zweiten und dritten Absatz in der “Discussion and Conclusion” steht übrigens auch noch mal der Hinweis darauf, dass einzelne extreme Stürme vernachlässigt werden können (solange sie eben nicht gehäuft auftreten), da breite Sandstrände sich wieder davon erholen (wenn der Meeresspiegel nicht gleichzeitig steigt). Da hast du gleich mehrere Quellen, evt. reicht Zhang et al. (2002)…

Viel Sapß ;-)